Der Duft von Kaffee und die Stimme, die den nächsten Halt ankündigt

Es war ein kühler Oktobermorgen, doch die Sonne schien unerwartet warm durch die Wolken. Während Sara aus dem Zugfenster blickte, der sie zu ihrem neuen Arbeitsplatz brachte, konnte sie nicht anders, als an all das zu denken, was sie zurücklassen würde: Kollegen, gewohnte Abläufe, ein Büro mit Blick über die Dächer von Zürich.
Aber ein Gedanke ließ sie nicht los – Was passiert jetzt mit meiner Altersvorsorge, die sie über Jahre hinweg mit Beiträgen aufgebaut hatte?
Diese Zugfahrt war mehr als nur eine geografische Reise. Sie war auch ein innerer Weg durch die komplexe Realität des Schweizer Vorsorgesystems. Und genau wie Sara stellen sich jedes Jahr Tausende von Menschen in der Schweiz die gleiche Frage: „Was passiert mit meiner zweiten Säule? Und verliere ich meine bisherigen Beiträge?“


Ein solides, aber komplexes Vorsorgesystem

Die berufliche Vorsorge in der Schweiz basiert auf dem Drei-Säulen-Prinzip:

  • Erste Säule (AHV/IV): Die staatliche Grundvorsorge – obligatorisch, zur Sicherung des Existenzminimums im Alter.

  • Zweite Säule (BVG/LPP): Die berufliche Vorsorge – obligatorisch für die meisten Arbeitnehmer und kapitalgedeckt.

  • Dritte Säule: Die private, freiwillige Vorsorge – als Ergänzung zur ersten und zweiten Säule.

Wenn man den Arbeitsplatz wechselt, bleibt die erste Säule unverändert, sofern man weiterhin in der Schweiz arbeitet und AHV-Beiträge leistet.
Die grösste Veränderung betrifft die zweite Säule, auch bekannt als Pensionskasse.
Laut dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) ist ein Stellenwechsel in der Schweiz keine Seltenheit – viele Fachkräfte suchen neue Herausforderungen oder bessere Arbeitsbedingungen. Und eine der ersten Fragen lautet dann oft: „Wie funktioniert die Übertragung meiner Vorsorgeguthaben?“


Pensionskasse und Stellenwechsel: Wie funktioniert die Übertragung?

Jedes Unternehmen ist einer eigenen Pensionskasse oder einer Sammelstiftung angeschlossen, in die Arbeitnehmende einzahlen und Altersguthaben aufbauen.
Beim Austritt aus dem Unternehmen erhält man ein Versicherungsausweis, in dem das angesparte Guthaben ausgewiesen ist – die sogenannte Austrittsleistung oder das Freizügigkeitsguthaben.
An dieser Stelle greift das Freizügigkeitsgesetz (FZG):

  • Wenn man direkt eine neue Stelle antritt, wird das Freizügigkeitsguthaben automatisch von der bisherigen an die neue Pensionskasse überwiesen.

  • Wenn eine Erwerbspause eintritt oder man vorübergehend aus dem Schweizer Arbeitsmarkt ausscheidet, muss das Vorsorgeguthaben auf ein Freizügigkeitskonto bei einer Bank oder Versicherung übertragen werden.

So ist sichergestellt, dass das bis dahin angesparte Kapital nicht verloren geht und weiterhin verzinst wird, bis man wieder eine neue Stelle antritt – oder später das Pensionsalter erreicht.


Was passiert mit der ersten und der dritten Säule?
  • Erste Säule (AHV/IV): Bleibt unverändert, solange man weiterhin in der Schweiz arbeitet. Der neue Arbeitgeber zieht die Beiträge automatisch vom Lohn ab und überweist sie an die Ausgleichskasse. Die Höhe der späteren Rente richtet sich nach der Anzahl Beitragsjahre und dem Erwerbseinkommen.

  • Dritte Säule: Diese ist freiwillig und privat. Deshalb ist sie nicht an den Arbeitgeber gebunden. Beiträge werden weiterhin gemäss den Konditionen mit der Bank oder Versicherung geleistet. Bei grösseren beruflichen Veränderungen kann man die Beiträge anpassen oder pausieren – regelmässige Einzahlungen bleiben aber ratsam, um auch die steuerlichen Vorteile zu nutzen.


Fehler vermeiden – praktische Tipps
  • Kapital nicht „in der Luft hängen lassen“: Wird der Transfer nicht korrekt durchgeführt, kann es zu Verzögerungen kommen. Sorgen Sie dafür, dass Sie alle Unterlagen von Ihrem bisherigen Arbeitgeber erhalten und der Übertrag tatsächlich stattgefunden hat.

  • Pensionskassen vergleichen: Nicht jede Pensionskasse bietet dieselben Leistungen. Beitragssätze, Spargutschriften und Deckungsgrade können variieren. Lassen Sie sich bei Bedarf vom HR oder einem Vorsorgeberater eine Analyse der Leistungen geben.

  • Professionelle Beratung einholen: Besonders bei komplexeren Fällen – etwa bei einem Wechsel ins Ausland, längeren Pausen oder einem Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit – ist es ratsam, sich an einen Vorsorgeexperten zu wenden. So lassen sich Fehler vermeiden und die Zukunft gezielt planen.

  • Dokumente geordnet aufbewahren: Arbeitsverträge, Versicherungsausweise, AHV-Auszüge – wer alles sauber ablegt, behält den Überblick und ist auf der sicheren Seite.


Ein beruflicher Wechsel ist auch eine Lebensentscheidung

Ein Stellenwechsel bringt oft Energie und frischen Wind: neue Aufgaben, neue Menschen, neue Perspektiven. Doch gleichzeitig ist er mit Unsicherheiten verbunden – auch finanziell.
Sich um die eigene Altersvorsorge zu kümmern, bedeutet, für die eigene Zukunft Verantwortung zu übernehmen.
Es ist normal, sich bei einem beruflichen Neuanfang auch Sorgen zu machen: Bürokratie, Formulare, das Gefühl, etwas „Wertvolles“ zu verlieren, ohne es ganz verstanden zu haben. Doch die gute Nachricht ist: Das Schweizer Vorsorgesystem bietet mit der Freizügigkeit einen starken Schutz – Ihr Kapital geht nicht verloren, sondern begleitet Sie auf Ihrem weiteren Weg.


Fazit: Deine Zukunft verdient deine Aufmerksamkeit

Das nächste Mal, wenn du im Zug sitzt und eine neue Etappe deiner beruflichen Reise beginnst, denk an Saras Worte: „Ich wechsle den Job – aber ich vergesse dabei mein Morgen nicht.“
Die eigene Vorsorge zu schützen bedeutet genau das: Sicherzustellen, dass jeder Schritt in eine neue Richtung auch ein Schritt in eine sichere Zukunft ist.
Wenn du einen Jobwechsel planst – oder einfach nur darüber nachdenkst – nimm dir die Zeit, dich zu informieren, Optionen zu vergleichen und bei Bedarf eine Beratung in Anspruch zu nehmen.
Die Zukunft ist nicht nur ein fernes Ziel – sie beginnt heute. Und deine Vorsorge ist ein essenzieller Teil davon.

  • Prüfe deinen Pensionskassenausweis, bevor du kündigst.

  • Sprich mit der Personalabteilung deines neuen Arbeitgebers über die Vorsorgeleistungen.

  • Lass dich professionell beraten, wenn du unsicher bist – vor allem bei Wechseln ins Ausland, Erwerbspausen oder Teilzeitarbeit.

Ein beruflicher Neuanfang kann der Anfang von etwas Grossem sein – sorge dafür, dass auch deine Vorsorge hell in dieses neue Kapitel leuchtet.